Radschnellverbindung stärkt klimafreundliche Mobilität in Esslingen
Die nun zusätzlich zu untersuchende Radschnellverbindung südlich des Neckars kann ein wesentlicher Bestandteil des Esslinger Radverkehrsnetzes werden. Für die konkrete Trassenführung durch die Korridore Pliensauvorstadt und Weil soll dazu die Öffentlichkeit eingebunden werden.

Ein weiterer Schritt auf dem Weg hin zu einer klimafreundlichen Mobilität in Esslingen: Am Montag, 6. März, stellten Vertreter des Regierungspräsidiums Stuttgart gemeinsam mit der Stadtverwaltung Esslingen den derzeitigen Stand der Planungen für die Radschnellverbindung von Stuttgart nach Reichenbach vor. Anders als ursprünglich vorgesehen, könnte diese zwischen Alicensteg und der Grenze zu Stuttgart nun südlich des Neckars verlaufen.
Auf der Esslinger Gemarkung soll die künftige Radschnellverbindung ein wesentlicher Bestandteil des städtischen Radverkehrsnetzes werden und optimal in dieses integriert werden. Mit dem Verlauf südlich des Neckars würde die Radtrasse eine direkte Verbindung von Sirnau bis Brühl ermöglichen. Anschlussstellen und Querungen entlang der Trasse sollen die Radschnellverbindung an das nördlich des Neckars gelegene städtische Radverkehrsnetz und den regionalen Mobilitätspunkt am Bahnhof anbinden.
Zusätzlich plant die Stadt Esslingen, im künftigen Neckaruferpark entlang des Areals der Neuen Weststadt einen weiteren Radweg herzustellen. Dieser Abschnitt schließt die Lücke des Neckartalradwegs entlang der Innenstadt. Somit würde am nördlichen Neckarufer ein durchgehender Radweg von Zell bis Mettingen verlaufen.
Damit tragen sowohl die Radschnellverbindung als auch der geplante Radweg am Neckaruferpark zur Erreichung der Zielsetzung für das Radverkehrsnetz in Esslingen bei. So soll das Stadtgebiet durch Ost-West-Achsen und durch Nord-Süd-Achsen großflächig für den Radverkehr erschlossen werden.
Die südliche Variante der Radschnellverbindung
Im Vergleich zur Nordvariante, die den Natur- und Artenschutz an vielen Stellen entlang des Neckarufers beeinträchtigt, stellt die Südvariante aus umweltfachlicher Sicht die bessere Route dar.
Diese führt vom Alicensteg am Südufer des Neckars in den Untersuchungskorridor Pliensauvorstadt. Von dort ist die Trassenführung weiter durch den Korridor Weil und Brühl bis zur Neckarbrücke Hafenbahnstraße vorgesehen.
Allerdings können die Kriterien für Radschnellverbindungen auf der Südvariante nicht durchgehend eingehalten werden. Besonders im Korridor der Pliensauvorstadt kommt es zu Querungen mit dem Kfz-Verkehr oder zu Zeitverlusten für Radfahrende.
Weiteres Vorgehen und Öffentlichkeitsbeteiligung
Östlicher Teil der Radschnellverbindung: Für den Abschnitt von der östlichen Gemarkungsgrenze ab Deizisau bis zum Alicensteg legte sich der Esslinger Gemeinderat bereits 2021 auf die Variante südlich des Neckars fest.
Für diesen Abschnitt soll die Entwurfsplanung laut den Plänen des Regierungspräsidiums Stuttgart und des Landes Baden-Württemberg noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Dazu wird der Trassenbereich bereits seit Anfang März 2023 auch auf der Esslinger Gemarkung vermessen.
Das sogenannte Planfeststellungsverfahren, ein Genehmigungsverfahren für größere Infrastruktur-Vorhaben, soll 2024 eingeleitet werden.
Westlicher Teil der Radschnellverbindung: Dieser Abschnitt wird zunächst separat betrachtet und im zeitlichen Ablauf vom östlichen Abschnitt getrennt. Für das weitere Vorgehen zur Trassenfindung durch die Korridore Pliensauvorstadt und Weil soll eine Roadmap erarbeitet werden. Dieses Ablaufschema beinhaltet konkrete Schritte zur Planung und Umsetzung der südlichen Variante der Radschnellverbindung.
Innerhalb der Ortsdurchfahrtsgrenzen, wenn also die Radschnellverbindung auf Stadtteile trifft, wird die Stadt Esslingen eigenverantwortlich die Route festlegen können. Dafür soll auch eine umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt werden. An dieser Trassenfindung sollen auch die jeweiligen Bürgerausschüsse beteiligt werden.
Häufige Fragen rund um die Radschnellverbindung
Wieso kann die Radschnellverbindung nicht nördlich des Neckars verlaufen?
Kurzfassung: Wegen Konflikten mit dem Artenschutz bestehen ernsthafte Bedenken zur Genehmigungsfähigkeit der Nordvariante. Das bestätigt auch ein kürzlich gefälltes Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim.
Ausführliche Antwort:
Die Radschnellverbindung würde bei der Nordvariante auf Höhe des Landratsamts Esslingen auf die Nordseite des Neckars wechseln. Auf einer Länge von fast vier Kilometern würde diese Trasse durch den Merkelpark und den zukünftigen Neckaruferpark auf Höhe der Neuen Weststadt verlaufen.
Damit würde die Nordvariante die Anforderungen an eine Radschnellverbindung wie beispielsweise Flüssigkeit des Radverkehrs oder Verkehrssicherheit erfüllen. Zudem wäre diese Variante kürzer als die Route südlich des Neckars.
Allerdings schneidet die Nordvariante aus naturschutzfachlicher Sicht und aus Sicht der stadtnahen Fuß- und Raderholung im Vergleich zur Südvariante deutlich schlechter ab. Außerdem werden durch die Nordvariante mehr potenzielle Lebensräume europarechtlich streng geschützter Arten beeinträchtigt.
Für einen ähnlichen Fall liegt seit August 2022 ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim vor. Demzufolge wäre die Nordvariante mit ihren Artenschutzkonflikten nur genehmigungsfähig, wenn keine bauliche Alternative möglich ist. Eine solche Radweg-Alternative kann dabei aus verkehrsplanerischer Sicht auch schlechter abschneiden. In Esslingen ist noch zu prüfen, ob eine solche Alternative für die Radschnellverbindung mit der Route südlich des Neckars möglich wäre.
Verläuft die Radschnellverbindung durch die Weilstraße der Pliensauvorstadt?
Kurzfassung: Nein, die Weilstraße kommt für die Radschnellverbindung nicht in Frage, zumindest nicht zwischen Brückenstraße und Karl-Pfaff-Straße.
Ausführliche Antwort:
Bereits Anfang des Jahres hat die Stadt Esslingen beschlossen, dass die Weilstraße in den laufenden Planungen zur Trassenführung der Radschnellverbindung nicht weiter berücksichtigt wird.
Gründe dafür sind die im Rahmen der langjährigen Stadtteilsanierung erfolgte und mit Landesmitteln geförderte gestalterische Aufwertung zum öffentlichen Raum sowie technische Aspekte der Weilstraße. Sie weist für eine Radschnellverbindung beispielsweise eine zu geringe Fahrbahnbreite auf. Zudem gelten für Radschnellverbindungen besondere Anforderungen, die eine Trassenführung durch die Weilstraße erschweren.
Wer bezahlt den Bau der Radschnellverbindung?
Kurzfassung: Das Regierungspräsidium Stuttgart und die Stadt Esslingen sind beide an den Kosten beteiligt. Für die Ausgaben der Stadtverwaltung stehen Fördermittel bereit.
Ausführliche Antwort:
Außerhalb der Ortsdurchfahrtsgrenzen übernimmt das Regierungspräsidium Stuttgart die Kosten für Planung und Bau der Radschnellverbindung.
Innerhalb der Ortsdurchfahrtsgrenzen, wenn also die geplante Radschnellverbindung auf Stadtteile trifft, trägt die Stadtverwaltung die Baulast, sprich die Kosten.
Diese Planung der Radschnellverbindung durch die Stadtteile wird vom Bund mit bis zu 75% gefördert. Der tatsächliche Bau der Radschnellverbindung kann bis zum Jahr 2024 mit bis zu 90% der Investitionskosten gefördert werden. Dabei steuert das Land 75% bei, der Bund weitere 15%. Die verbleibenden Kosten von 10% sind von der Stadt Esslingen zu tragen.
Auch danach rechnet das Verkehrsministerium damit, dass weiterhin ausreichend Fördermittel zur Verfügung stehen. Alternativ könnte eine Klimabonus-Förderung in Höhe von maximal 75% der Kosten erfolgen.
Forderung der Stadt für die Beteiligung bei größeren Baumaßnahmen: Für spezielle Infrastrukturmaßnahmen wie zum Beispiel den Ersatzbau des Alicensteg müsste man sich nochmals im Einzelfall mit dem Land Baden-Württemberg austauschen.
Was passiert mit dem Alicensteg?
Kurzfassung: Eine mögliche Sanierung des Alicenstegs steht vorerst nicht an.
Ausführliche Antwort:
Eine Querung der Radschnellverbindung am Alicensteg von der Süd- auf die Nordseite des Neckars ist inzwischen eher unwahrscheinlich. Denkbar wäre ein Ersatzbau des Alicenstegs jedoch, um eine Vernetzung der Radwege im Stadtgebiet Esslingen herzustellen. Diese Überlegungen fließen in die künftige Radwegeplanung ein.
Allerdings müsste bei einer Erneuerung des Alicenstegs die Barrierefreiheit berücksichtigt und die Nutzung für den Radverkehr gewährleistet werden. Angesichts dieser Anforderungen an den Alicensteg würden sich die Baukosten voraussichtlich auf einen hohen einstelligen oder gar zweistelligen Millionenbetrag belaufen.
Zudem hat der Alicensteg in seiner jetzigen Form im städtebaulichen Kontext hinsichtlich des Wegenetzes nur eine untergeordnete Bedeutung. Andere Brücken sind deshalb prioritär zu betrachten.
Da die weiteren Entscheidungen zum Alicensteg vom Esslinger Gemeinderat von der weiteren Planung der Radschnellverbindung abhängig gemacht wurden, steht in Bezug auf den Alicensteg vorerst keine Entscheidung an.
Wieso verläuft die Radschnellverbindung nicht entlang der B10?
Kurzfassung: Diese Route ist aufgrund der Verkehrsverhältnisse nicht möglich.
Ausführliche Antwort:
Eine Trassenführung der Radschnellverbindung entlang der B10 ist aus Sicht des Regierungspräsidiums Stuttgart keine Option. Hier wäre die Verkehrsführung am Knotenpunkt von Vogelsangbrücke, Brückenstraße, Berkheimer Straße und B 10 zu komplex.
Auch eine Überquerung der Pliensaubrücke wäre unmöglich. Zudem ist der Platz zwischen B 10 und Neckar für eine Radschnellverbindung nicht breit genug.
Was ist eigentlich eine Radschnellverbindung?
Kurzfassung: Eine hochwertige Verkehrsverbindung über längere Strecken für Radfahrende.
Ausführliche Antwort:
Grundsätzlich versteht man unter Radschnellverbindungen qualitativ hochwertige, direkt geführte und leistungsstarke Verbindungen zwischen Kreisen und Kommunen. Damit bieten sie die Chance, Radfahrenden höhere Reichweiten zu erschließen und damit neue Zielgruppen, besonders Pendler:innen, für das Fahrrad als nachhaltiges Verkehrsmittel zu begeistern.
Radfahrende können auf solchen Radschnellverbindungen weitere Strecken zurücklegen als auf den bisherigen, teils verzweigten Radwegen. Das gilt umso mehr für die steigende Anzahl an Besitzer:innen von E-Bikes und Pedelecs.
Für die Radschnellverbindungen gelten zudem besondere Anforderungen:
- sichere Befahrbarkeit auch bei hohen Geschwindigkeiten
- sichere und komfortable Knotenpunkte: Möglichst wenig Beeinträchtigung an Knotenpunkten mit Kfz-Verkehr durch Bevorrechtigung des Radverkehrs
- geringe Zeitverluste pro Kilometer durch Anhalten und Warten
- ausreichende Breiten für große Radverkehrsmengen
- direkte, umwegfreie Linienführung
- Separation vom Fußverkehr (Ausnahmen nur in Sonderfällen)
- hohe Belagsqualität (Asphalt oder Beton)