Kultur in Esslingen
Die vom Kulturausschuss beauftragte Konzeption liefert eine präzise Analyse des Ist-Zustands der Esslinger Kulturlandschaft und formuliert Ziele sowie Maßnahmen für die kulturelle Weiterentwicklung der Stadt.

In der Sitzung vom 20. Januar 2016 beauftragte der gemeinderätliche Kulturausschuss das Kulturamt mit der Erarbeitung einer Kulturkonzeption. Diese wurde am 28. April 2017 in der Gemeinderatsklausur erstmals vorgestellt und jetzt am 8. Mai in der öffentlichen Sitzung des Gemeinderates eingebracht. Die umfassende Kulturkonzeption wird am 21. Juni im Kulturausschuss beraten und soll im Herbst 2017 durch den Gemeinderat verabschiedet werden.
Am 30. Mai waren die Kulturschaffenden, Gemeinderäte und die interessierten Bewohner /-innen Esslingens dazu eingeladen, die Konzeption und ihre Eckpunkte öffentlich zu diskutieren.
Die Kulturkonzeption wurde vom Kulturamt unter Einbeziehung der Stakeholder im Esslinger Kulturbereich erstellt. Sie konnte dabei auf die funktionierenden Strukturen einer gewachsenen Kulturlandschaft mit einer Vielzahl an starken, öffentlich und bürgerschaftlich getragenen Einrichtungen und Vereinen zurückgreifen, die mit der hohen Qualität ihrer jeweiligen Arbeit Esslingen zu einem guten Kulturstandort machen.
Zusammenfassung
Bestandsanalyse
In einem ersten Schritt wurden alle Kultureinrichtungen und -vereine durch einen Fragebogen umfassend befragt und im Anschluss zu Spartengesprächen ins Kulturamt eingeladen. Nach über 20 Spartengesprächen und durch die Auswertung der Fragebögen konnte so dank der guten Unterstützung durch die Kulturschaffenden eine SWOT-Analyse der Stärken, Schwächen, Potenziale und Risiken der Esslinger Kulturlandschaft erstellt werden. Diese analytische Vorgehensweise war die Voraussetzung dafür, dass das Kulturamt Ziele für die kulturelle Weiterentwicklung Esslingens formulieren konnte. Auch für diesen Teil kamen die Stakeholder der Kultur zu Wort und nahmen so maßgeblichen Einfluss auf deren Inhalt. Das ist zunächst das Netzwerk Kultur und insbesondere der Sprecherrat. Darüber hinaus war die Kulturkonzeption Thema in einer Sitzung des Fachrats für Migration und Integration und wurde mit den städtischen Kooperationspartnern diskutiert, insbesondere dem Amt für Bildung, Erziehung und Betreuung, der Volkshochschule, dem Amt für Soziales und Sport sowie dem Referat für Migration und Integration. Nicht zuletzt reflektiert die Konzeption den kulturpolitischen Diskurs der letzten Jahre, wie er in den städtischen Ausschüssen (v.a. in Kulturausschuss und Gemeinderat) und in den Kultureinrichtungen geführt wurde. Dadurch ist es gelungen, das in Esslingen vorhandene Wissen und die Ideen in den Bereichen Kultur, Bildung, Soziales und Integration für die Erstellung der Konzeption zu nutzen und gleichzeitig wie in einer externen Expertise einen möglichst neutralen Blick auf die Kulturlandschaft zu werfen sowie entsprechende Rückschlüsse zu ziehen. Möglich war dies nur durch die sehr gute und offene Kooperation aller Beteiligten, die wesentliche Beiträge zum Gelingen geleistet haben.
Prinzipiell gilt, dass alle Weiterentwicklungen abhängig von der politischen Schwerpunktsetzung und den wirtschaftlichen Möglichkeiten sind. Für die nächsten Jahre schlägt die Verwaltung zwei erste große Handlungsschwerpunkte vor. Dies sind die Stadtbücherei Esslingen sowie die kulturelle Bildung und Teilhabe.
Stadtbücherei Esslingen
Die Aufgaben und Reichweite der Stadtbücherei Esslingen haben in den letzten Jahren aus einer Vielzahl von Gründen deutlich zugenommen: dazu zählen etwa die Änderungen im Bildungssystem, die gestiegene Bedeutung lebenslangen Lernens in der Wissensgesellschaft oder die neuen Migrationsbewegungen. Insgesamt lassen sich ihre Aufgaben dabei in vier Handlungsfelder unterteilen: Die Stadtbücherei ist Kultureinrichtung, Bildungseinrichtung, soziale Einrichtung und sinnvolle Freizeiteinrichtung zugleich.
Durch eine gestiegene Frequenz von Besucher*innen, insbesondere derer, die vor Ort arbeiten, ist der Druck auf die Einrichtung so gestiegen, dass die aktuelle Gebäudesituation diesem kaum noch standhält, um für die Esslinger Bürger*innen ein adäquates Angebot zu machen. Die Verwaltung empfiehlt dringend, die notwendigen Schritte zu unternehmen und entsprechende Maßnahmen umzusetzen, um die Stadtbücherei zukunftsfähig zu machen. Sie soll ausreichend Arbeitsplätze anbieten, um den Bedarf abzudecken, Gruppenarbeitsräume für Kooperationen mit Schulen und Kindergärten bieten, einen eigenen Jugendbereich und ein Lernlabor erhalten. Die Umsetzung der notwendigen Bauarbeiten bedeutet dabei (unabhängig von der Standortwahl) eine große Kraftanstrengung für die Stadt, weil der Büchereibau nicht zu Lasten anderer Bereiche geht und darüber hinaus noch ein zweites Handlungsfeld für die Weiterentwicklung der Kultur in Esslingen in Angriff genommen wird.
Kulturelle Bildung und Teilhabe
Die Verwaltung empfiehlt als zweites dringendes Handlungsfeld, die kulturelle Teilhabe in Esslingen zu stärken. Kulturelle Bildung und Teilhabe gewinnt für unsere immer heterogener werdende Gesellschaft stetig an Bedeutung. Aktuell richtet sich die Kultur an ein eingeschränktes Publikum und größer werdende Teile der Esslinger Bevölkerung werden durch sie zu wenig erreicht. Dies ist eine große Herausforderung, da die Kultur es als ihre Aufgabe versteht, gesellschaftsbildend zu wirken und dem Entstehen von Parallelgesellschaften entgegenzutreten. Um adäquat mit dem Thema Teilhabe in einer pluralistischen Gesellschaft umzugehen, sind ausdifferenzierte Konzepte und Bausteine gefordert, beispielsweise Förderprojekte für Menschen, die bisher weitgehend vom Kulturbetrieb ausgeschlossen sind – unabhängig von Alter, Herkunft oder sozialem Hintergrund. Die Verwaltung empfiehlt im Rahmen der Aufstellung des Doppelhaushalts 2018/19 die Einrichtung einer Stelle für den Bereich kulturelle Bildung und Teilhabe.
Die Kultur soll dazu befähigt werden, ihren Beitrag zur gesamtstädtischen Herausforderung der Sicherstellung von Teilhabe zu leisten. Um nachhaltige und strategische Arbeit in den Bereichen der kulturellen Bildung und Teilhabe leisten zu können, müssen diese gebündelt vom Kulturamt ausgehen und koordiniert werden. Projekte der kulturellen Bildung, kulturellen Teilhabe, interkulturellen Kulturarbeit und Integration durch Kultur können durch das Kulturamt gezielt gefördert und vom Kulturamt initiiert, koordiniert und durchgeführt werden oder in den freien Einrichtungen organisatorisch unterstützt werden. Das Thema Teilhabe ist dabei eine gesamtstädtische Aufgabe, die nicht alleine den Kulturbereich betrifft. Das Kulturamt soll daher zusammen mit Partnern aus Stadtverwaltung, Kulturszene und Vereinen und Gruppierungen für integrative Arbeit sowie Stadtteilarbeit einen Teilhabeplan erstellen, der formuliert, was getan werden muss, um eine gerechte Teilhabe an der Kultur zu ermöglichen.
Produktionszentrum und weitere Ziele
Auch das Netzwerk Kultur sowie einzelne Kulturvereine und Einrichtungen haben in Gesprächen zur Erstellung der Kulturkonzeption eigene Vorschläge erarbeitet und Ideen eingebracht. Von vielen Vereinen und Einrichtungen wird auf einen Mangel an Probe-und Veranstaltungsräumen in Esslingen hingewiesen. Das Netzwerk Kultur fasst dies zusammen und formuliert daraus den Vorschlag, in Esslingen ein Produktionszentrum zu realisieren, das sowohl durch bestehende Kultureinrichtungen genutzt werden könnte, als auch neuen Projekten Raum böte.
Das Netzwerk Kultur beschreibt, dass in Esslingen ein Brain Drain stattfindet und insbesondere junge Kulturschaffende die Stadt verlassen, um ihre Ideen woanders zu realisieren. Die Schaffung eines Produktionszentrums sieht das Netzwerk Kultur als Maßnahme, um der Abwanderung von Künstler*innen aus Esslingen entgegenzuwirken sowie den in der Stadt aktiven Einrichtungen und Vereinen den nötigen Raum zu geben, um ihre Kulturarbeit zu leisten. Das Kulturamt empfiehlt hier, den tatsächlichen Bedarf in Esslingen zu analysieren.
Alle weiteren in der Kulturkonzeption formulierten Ziele werden durch das Kulturamt prinzipiell verfolgt und, falls durch den Gemeinderat beauftragt, Realisierungsschritte zur Zielerreichung umgesetzt, soweit deren Machbarkeit gegeben ist und entsprechende Mittel in der strategischen Haushaltsplanung zur Verfügung stehen. Die Konzeption ist also kein abgeschlossenes Projekt, sondern wird als offener Prozess verstanden. Somit ist es immanenter Teil der Kulturkonzeption, dass die kulturpolitischen Handlungsgrundlagen an die veränderten Gegebenheiten angepasst werden können.
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Typ | Name | Datum | Größe |
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Kulturkonzeption Stadt Esslingen am Neckar 2017.pdf (4,5 MB) | 27.02.2019 | 4,5 MB |
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Statements
Oberbürgermeister Dr. Jürgen Zieger...
...begrüßt die Kulturkonzeption: „Kultur ist ein wesentliches Handlungsfeld der Stadt Esslingen mit prägender Wirkung für unsere Stadtgesellschaft. Umso wichtiger ist es, dass die Kulturarbeit strategisch und zielgerichtet geleistet wird. Die Kulturkonzeption schafft dafür die Voraussetzung. Sie hilft, die Herausforderungen der Zukunft zu verstehen und bietet eine gute Basis für die kulturelle Weiterentwicklung der Stadt Esslingen. Sie formuliert einen Anspruch an die Kultureinrichtungen und sie macht deutlich: Kultur ist und bleibt in Esslingen am Neckar ein zentraler Eckpfeiler einer nachhaltigen Stadtentwicklung!“
Kulturbürgermeister Dr. Markus Raab...
betont: „Die Kulturkonzeption liefert eine Analyse der Esslinger Kulturlandschaft, die in Umfang und Präzision bislang einzigartig für diese Stadt ist. Sie argumentiert dabei schlüssig und nachvollziehbar auf Grundlage von empirischen Untersuchungen. Sie bleibt durch die wissenschaftlich stringente Methode objektiv und kann daher beinahe wie ein externes Gutachten gelesen werden. Wo sie Ideen aufgreift, die bereits in der Stadt vorhanden sind, schärft sie diese noch und geht mit ihren Zielen und Handlungsempfehlungen deutlich über das hinaus, was bislang in der Stadt zur Diskussion stand. Das wird etwa im Abschnitt über kulturelle Teilhabe deutlich. Während in Esslingen bislang hauptsächlich von Kulturpädagogik für Kinder und Jugendliche die Rede war, erkennt die Konzeption kulturelle und damit gesellschaftliche Teilhabe als wesentliche gesamtstädtische Herausforderung und beschreibt sie differenziert für die Kulturarbeit.“