Bericht aus dem Gemeinderat

In der letzten Sitzung vor der Sommerpause haben sich die Mitglieder des Esslinger Gemeinderats am 24. Juli unter anderem mit einer Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum, mit der Benennung der neuen Brücke in Mettingen - Brühl/Weil, dem 1.250-jährigen Stadtjubiläum und einer Machbarkeitsstudie zur Sanierung der Schelztor-Sporthalle befasst.

Altes Rathaus von vorne
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Erlass einer Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum

Eine durch den Gemeinderat beschlossene Satzung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum soll dem Wohnungsmangel im Esslinger Stadtgebiet entgegenwirken.

Leer stehenden oder anders genutzten Wohnraum wieder dem Wohnungsmarkt zuzuführen: Das soll das sogenannte Zweckentfremdungsverbot künftig in Esslingen ermöglichen. Geregelt werden soll das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum durch eine vom 1. August 2023 bis 31. Juli 2028 gültige Satzung. Das beschloss der Esslinger Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung.

Baustein zur Versorgung mit Wohnraum

„Der kurz- und mittelfristige Wohnungsmangel in Esslingen ist die Voraussetzung für ein solches Verbot zur Zweckentfremdung von Wohnraum“, erklärt Dr. Gunnar Seelow, Leiter der Stabsstelle Wohnen. „Bereits jetzt fehlen uns im Stadtgebiet bis zum Jahr 2030 rund 2.400 Wohnungen.“ Zudem werden in nächster Zeit aufgrund gestiegener Zinsen und Preissteigerungen weniger Wohnungen gebaut. Gleichzeitig erhöhen unbedingt benötigte Fachkräfte und geflüchtete Personen aus den Krisenregionen der Welt die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt.

„Das Zweckentfremdungsverbot ist ein weiterer Baustein, um diesem Wohnungsmangel in Esslingen entgegenzuwirken und den Bürger:innen ausreichend Wohnraum zu angemessenen Bedingungen zur Verfügung zu stellen“, sagt Dr. Gunnar Seelow.

Kriterien für die Zweckentfremdung

Gemäß der beschlossenen Satzung liegt in Esslingen künftig grundsätzlich eine Zweckentfremdung von Wohnraum vor, wenn mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:

  • Mehr als 50% der Wohnraumfläche werden gewerblich oder beruflich genutzt
  • Der Wohnraum wird baulich so verändert oder genutzt, dass er nicht mehr für Wohnzwecke geeignet ist
  • Der Wohnraum wird mehr als zehn Wochen pro Jahr für die Fremdenbeherbergung genutzt
  • Der Wohnraum steht länger als sechs Monate leer
  • Der Wohnraum soll ersatzlos abgebrochen werden

Darüber hinaus sind in der Satzung Beispiele aufgeführt, in denen in der Regel keine Zweckentfremdung vorliegt. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Wohnraum nachweislich zügig umgebaut oder modernisiert wird und deshalb vorübergehend leer steht, oder wenn es sich um eine Zweitwohnung handelt.

Zweckentfremdung muss genehmigt werden

Eigentümer:innen können beim Baurechtsamt der Stadt Esslingen die Genehmigung einer Zweckentfremdung beantragen. Voraussetzung für eine solche Genehmigung sind vorrangige öffentliche Interessen, überwiegende schutzwürdige private Interessen oder Ausgleichsmaßnahmen in verlässlicher und angemessener Weise.

Möchten Bürger:innen Wohnraum als Ferienwohnungen oder -häuser anbieten, müssen sie diese Vermietungsobjekte künftig beim Baurechtsamt der Stadt Esslingen melden. Hierfür wird die Stadt Esslingen am Neckar zu Beginn des Geltungszeitraums ab 01.08.2023 ein Online-Formular bereitstellen. Für das Anmelden von Wohnraum, der für die Fremdenbeherbergung genutzt wird, gibt es eine Übergangsfrist. Spätestens bis zum 31. Dezember 2023 müssen Eigentümer:innen diese Objekte bei der Stadt Esslingen registrieren und dürfen sie nach Ablauf dieser Frist nur unter Angabe der Registrierungsnummer anbieten und bewerben. Die Nummer dient der Überprüfung, dass Wohnungen nicht länger als die erlaubten 10 Wochen pro Jahr zur Fremdenbeherbergung genutzt werden.

Benennung der neuen Brücke Mettingen-Brühl/Weil mit "Mettinger Brücke"

Die neue Brücke zwischen Mettingen und Weil/Brühl bekommt den Namen „Mettinger Brücke“. Das hat der Esslinger Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung beschlossen. Hintergrund der Entscheidung sind kontroverse Diskussionen um Hanns Martin Schleyer, den Namensgeber der vorherigen Brücke an derselben Stelle. Die Neubenennung war von den Fraktionen der GRÜNEN sowie der LINKEN beantragt worden.

Warum wurde die vorherige Brücke 1978 nach Schleyer benannt?

Im Oktober 1977 wurde der Manager und Arbeitgeberfunktionär Hanns Martin Schleyer von Angehörigen der Roten Armee Fraktion entführt und ermordet. Bei der Entführung starben auch seine vier Begleiter. Die damaligen Ereignisse bildeten in gewisser Hinsicht einen Höhepunkt der terroristischen Bedrohung der Bundesrepublik Deutschland. Schleyer wurde ein Staatsakt zuteil, das öffentliche Leben stand still. Selbst die Gewerkschaften hatten zu einer Gedenkminute für den Arbeitgeberpräsident aufgerufen.

In Anbetracht dieser Ereignisse entschied der Esslinger Gemeinderat am 8. Mai 1978, die 1963 errichtete Mettinger Brücke aufgrund ihrer Nähe zum Daimler-Benz-Werk in Hanns-Martin-Schleyer-Brücke umzubenennen. Schleyer, so die damalige Beschlussvorlage, sei „mit der Stadt Esslingen am Neckar auf bleibende Weise in mehrfacher Art verbunden“. 

Warum wird Schleyer heute kontrovers diskutiert?

Im Kontext der Umbenennung des Jahres 1978 wurde die Rolle Schleyers im NS-Staat nicht diskutiert. Die Maßstäbe für die Beurteilung historischer Persönlichkeiten der NS-Zeit haben sich aber, so Stadtarchivar Dr. Joachim J. Halbekann, seitdem nachhaltig geändert. Der Jurist Schleyer war früh Mitglied der SS, Funktionär der nationalsozialistischen Universitätsverwaltungen in Heidelberg, Innsbruck und Prag, später Leiter des Präsidialbüros des „Zentralverbandes der Industrie in Böhmen und Mähren“, der maßgeblich an der Ausplünderung der vormaligen Tschecheslowakei beteiligt war. Zudem bezeichnete sich Schleyer selbst als „überzeugten Nationalsozialisten“. Zu erwähnen ist auch seine eindeutig antisemitische Haltung im Kontext seiner Verbindung.

 Schleyer war in diesem Sinne sowohl Täter, zumindest Profiteur, aber auch Opfer. In Abwägung dieser komplexen Situation ist der Esslinger Gemeinderat mehrheitlich dem Vorschlag gefolgt, der neuen Brücke auch einen anderen Namen zu geben: Mettinger Brücke. Dies soll jedoch nicht als Herabwürdigung von Schleyers Verdiensten verstanden werden. Ein ehrendes Gedenken an die Terroropfer der 1970er Jahre, einschließlich Hanns Martin Schleyers, ist immer noch gerechtfertigt. Allerdings wird seine Person heute zu kontrovers diskutiert, um als Repräsentant für dieses Gedenken zu dienen.

Gedenktafel im Stadtmuseum

Vielmehr ist für den Gemeinderat das Stadtmuseum der richtige Ort, um die komplexe Thematik rund um Hanns Martin Schleyer aufzugreifen. Deshalb wird die Gedenktafel zu Schleyer und den weiteren Opfern des Terroranschlags, die an der alten Brücke angebracht war, künftig dort ausgestellt und in den historischen Kontext eingebettet. „Ich bin dankbar für die professionelle Abwägung unseres Stadtarchivars Dr. Halbekann. Sie war die wichtige Grundlage für unsere heutige Entscheidung“, sagt Oberbürgermeister Matthias Klopfer.  

Vorbereitung 1.250-jähriges Jubiläum Esslingen 2027

Es wird ein ganz besonderes Jahr: 2027 feiert Esslingen sein 1.250-jähriges Bestehen. Erste Eckdaten und Infos zu den Vorbereitungen wurden jetzt im Verwaltungsausschuss vorgestellt.

Was wird gefeiert?

Es ist eine kleine Randnotiz mit großer Bedeutung: Im Jahr 777 n. Chr. vermachte Abt Fulrad  seinem Kloster St. Denis bei Paris zahlreiche eigene Besitzungen, darunter die „sechste Zelle oberhalb des Neckars, in der der hl. Vitalis begraben liegt.“ Zwar fällt in der Urkunde das Wort Esslingen nicht, allerdings ist unstrittig, dass es sich bei jener sechsten Zelle um Esslingen handelt. Gefeiert wird 2027 also nicht die Stadtgründung - weder wurde Esslingen 777 gegründet, noch war sie zu diesem Zeitpunkt bereits eine Stadt. Gefeiert wird vielmehr die Ersterwähnung. „Es ist vielleicht ein eher zufälliges Ereignis, aber dieses Jubiläum hat den Vorteil, dass die 1.250 Jahre die gesamte Geschichte Esslingens von den Anfängen bis heute umfassen“, erläutert der Stadtarchivar Dr. Joachim J. Halbekann.

Wie wird gefeiert?

Seit einem Jahr beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern aus Kulturamt, Stadtarchiv, OB-Büro, Amt für Wirtschaft sowie das Stadtmarketing mit dem Jubiläumsjahr. Diese hat mittlerweile ein Ziel formuliert: Das Stadtjubiläum soll ein Ereignis sein, an dem die gesamte Bürgerschaft teilhaben und mitwirken kann – Bürgerinnen und Bürger sollen also nicht nur konsumieren, sondern sich aktiv einbringen. „Wir möchten, dass die Identifikation der Esslingerinnen und Esslinger mit ihrer Stadt durch das Jubiläum gestärkt wird“, sagt Oberbürgermeister Matthias Klopfer. Im Fokus steht dabei das Motto „Besondere Orte“ – öffentliche Locations und bekannte Wahrzeichen in den verschiedenen Stadtteilen sollen außergewöhnlich inszeniert werden. Besondere Orte, die sonst nicht zugänglich sind, werden für das Jubiläum geöffnet. Neue besondere Orte werden bis 2027 erschaffen. Zudem wird angestrebt, dass das breite und vielfältige Programm das Individuelle und für Esslingen Besondere widerspiegelt. „Wir möchten damit das Image der Stadt fördern und die Menschen in der Region zu einem Besuch in Esslingen einladen“, sagt Michael Metzler, Geschäftsführer von Esslingen Stadtmarketing und Tourismus.

Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Von 2024 an wird der Gemeinderat die Vorbereitungen mit einem Jubiläumsausschuss begleiten. Zudem gibt es in der Verwaltung ein Organisationskomitee, das zum Beispiel die inhaltliche Ausrichtung verantwortet, die Projektgruppen koordiniert und darüber entscheidet, welche Projekte aus der Bürgerschaft gefördert werden. Es wird ein Projektplan entwickelt und Projektgruppen werden eingerichtet. Die eigentliche Kreativarbeit sowie die programmatische Ausarbeitung des Jubiläums werden dann ab 2024 erfolgen. Die Esslingerinnen und Esslinger können sich schon jetzt auf ein attraktives und vielseitiges Programm freuen.

Machbarkeitsstudie Sanierung der denkmalgeschützten Schelztor-Sporthalle

Bis zum Stadtjubiläum im Jahr 2027 soll die Schelztorhalle runderneuert werden. Dazu investiert die Stadt Esslingen voraussichtlich rund 13,4 Millionen Euro.

Die Schelztorhalle soll denkmalgerecht und energetisch umfassend saniert werden. Das beschloss der Esslinger Gemeinderat in seiner Sitzung am 24. Juli 2023. Grundlage für die geplante Sanierung ist eine Machbarkeitsstudie, die zeigt, welche Maßnahmen zur Generalsanierung der Schelztorhalle notwendig werden und welche Kosten dadurch entstehen könnten.

Geplante Sanierungen

Dabei berücksichtigt die Machbarkeitsstudie die folgenden Bereiche: Künftige Nutzung der Räume, energetische Sanierung und Bauphysik, Brandschutz, Denkmalschutz, Statik, Haustechnik wie Heizung und Sanitär sowie Elektrotechnik. In all diesen Bereichen soll die Schelztorhalle saniert werden.

So soll die Schelztorhalle künftig teilbar sein, um parallel von zwei Klassen oder Sportgruppen genutzt werden zu können. Außerdem soll die Sporthalle ein behindertengerechtes WC und ein neues Lehrer-WC erhalten. Auch die derzeit nicht genutzten WC- und Duschräume sowie die Toilettenanlage im Untergeschoss sollen erneuert werden. Dort sollen zudem zwei weitere Trainingsräume und weitere Umkleidebereiche entstehen.

Erneuert werden muss auch die Heizungsanlage der Schelztorhalle. Künftig soll ein Teil der benötigten Wärme durch erneuerbare Energien erzeugt werden. Dank einer zusätzlichen Dämmung der Außenwände und der Dächer, einer energetischen Ertüchtigung der denkmalgeschützten Fenster sowie einer vollständigen Umstellung auf LED-Beleuchtung soll der Energiebedarf der Schelztorhalle künftig um 65 bis 70 Prozent gesenkt werden. Dazu trägt auch ein modernes Lüftungsgerät bei, das mit einer Wärmerückgewinnung ausgestattet ist.

Komplett ersetzt werden muss das bisherige Tribünendach aus leicht geneigten Betondeckensteinen. Hier plant die Stadt Esslingen eine baugleiche Ausführung nach dem heutigen Stand der Technik. Auch am Hallendach wurden in der Vergangenheit bereits Mängel in der Konstruktion festgestellt. Diese müssen zeitnah behoben werden, um die weitere Nutzung der Halle zu gewährleisten. Dazu werden nun zwei Varianten untersucht, die die Träger des Hallendachs entweder sanieren oder sogar verstärken sollen.

Fertigstellung zum Stadtjubiläum 2027

Bei der Umsetzung aller geplanten Maßnahmen entstehen nach aktuellem Stand der Planungen Kosten in Höhe von rund 13,4 Millionen Euro. Allerdings kann die genaue Summe erst in der weiteren Sanierungsplanung ermittelt werden. Der größte Anteil der Kosten entfällt voraussichtlich auf die Sanierung der Dachkonstruktion, gefolgt von der Erneuerung der Haustechnik. Im Zuge der weiteren Planung prüft die Stadt Esslingen zudem Fördermöglichkeiten, die für einen Teil der Sanierungskosten aufkommen könnten.

Nach dem nun erfolgten Beschluss des Esslinger Gemeinderats zur denkmalgerechten Sanierung der Schelztorhalle folgt das vorgeschriebene Vergabeverfahren, um Architekten- und Planungsbüros zu beauftragen. Dieses Verfahren wird voraussichtlich Ende des Jahres abgeschlossen sein. Ab 2024 kann die Stadt Esslingen anschließend mit der Vorentwurfsplanung beginnen. Pünktlich zum Stadtjubiläum im Jahr 2027 soll die Sanierung der Schelztorhalle dann abgeschlossen werden.

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