180 Jahre Bestattungskultur

Der Ebershaldenfriedhof liegt im Zentrum der Stadt und hat eine Größe von 8,2 Hektar. Die erste Bestattung fand im Jahr 1844 statt.

Blick auf Kriegsgräberdenkmal

Blick auf Kriegsgräberdenkmal

Erdgräber unter Magnolienbaum

Erdgräber unter Magnolienbaum

Weg zum Verwaltungsgebäude

Weg zum Verwaltungsgebäude

Baumgräber im Herbst

Baumgräber im Herbst

Grabfeld

Grabfeld

Brunnen am unteren Eingang

Brunnen am unteren Eingang

Geschichte

Am Ende des 18. Jahrhunderts befanden sich alle Esslinger Friedhöfe innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern. Wie Julius Fekete in seiner lesenswerten Abhandlung zur Geschichte des Ebershaldenfriedhofs näher darstellt (siehe Literaturhinweis unten), sind Kirchhöfe um die Stadtkirche St. Dionys, an der Agnesbrücke, am ehemaligen St. Klara-Kloster in der Obertorvorstadt und am früheren Sirnauer Kloster in der Pliensau überliefert. Die Verstorbenen der westlichen Innenstadt wurden auf dem Agnes-Kirchhof begraben, die der östlichen Innenstadt und der Obertorvorstadt auf dem Klarakirchhof, die in der Beutau und der Mettinger Vorstadt auf dem Predigerkirchhof und die der Pliensauvorstadt auf dem Friedhof am ehemaligen Sirnauer Kloster. An der Pfarrkirche St. Dionys wurden die Vornehmen beigesetzt. In den Vororten Mettingen, Rüdern, Sulzgries und Sankt Bernhardt gab es ebenfalls Friedhöfe.

Der erste Begräbnisplatz außerhalb dieses jahrhundertealten Gürtels wurde 1808 vor dem Schelztor angelegt. Nach und nach wurden jedoch die innerstädtischen Kirchhöfe – teils aus hygienischen Erkenntnissen und gesundheitspolizeilichen Überlegungen heraus, teils aus Platzmangel – aufgelassen und eingeebnet. Damit war der Anlaß für die Anlage eines neuen Friedhofs außerhalb der damaligen Stadt gegeben. 1836 wurden in den Ebershaldengärten mit den Arbeiten dafür begonnen. Die Eröffnung des neuen Friedhofs erfolgte 1843, die erste Bestattung am 02.04.1844.

Im Jahre 1869 ist der noch heute vorhandene israelitische Begräbnisplatz eingerichtet worden; bis dahin diente der jüdischen Gemeinde der kleine Friedhof vor dem Beutautor. Er wurde bereits 1874 geschlossen und ist heute nur im Rahmen von autorisierten Führungen zugänglich. Nach Entwürfen des Stadtbaumeisters Keppler im Stile der italienischen Renaissance erbaut, ist 1902 die neue Bestattungshalle auf dem Ebershaldenfriedhof ihrer Bestimmung übergeben worden. Sie ist u.a. mit herrlichen Jugendstilfenstern ausgestattet.

Das Gebäude wird bis heute mit verschiedenen, in der Zwischenzeit erfolgten Anbauten, als Sitz der Friedhofsverwaltung sowie als Leichenhaus und Feierhalle genutzt. Ab 1913 wurde neben dem Baukörper der Feierhalle das Krematorium angelegt. Der Gebäudekomplex ist beispielhaft für die Monumentalbaukunst des Späthistorismus in der Friedhofsarchitektur und daher seit 1986 ins Denkmalbuch eingetragen.
Erweiterungen des Ebershaldenfriedhofs erfolgten um 1930 und zwischen 1947 und 1951. Die Grabmäler dieses Friedhofs spiegeln in hervorragender Weise die Geschichte der Friedhofskultur von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die heutige Zeit wieder.

Seit 1993 wurde die klassizistische Einfriedigung aus dem gusseisernen Staketenzaun mit Sandsteinsockel schrittweise saniert. Zwischenzeitlich ist auch der Innenraum der sehenswerten Feierhalle denkmalgerecht und ansprechend renoviert worden.

Jüdisches Grabfeld

Nachdem der Platz auf dem jüdischen Friedhof in der Beutau nicht mehr ausreichte hat die Stadt im Jahr 1874 ihren jüdischen Bürgerinnen und Bürgern auf dem neu eröffneten Ebershaldenfriedhof ein Areal zur Verfügung gestellt.

Jüdisches Grabfeld

Mayer Levi, Lehrer und Vorsänger der jüdischen Gemeinde war der erste, der dort bestattet wurde. Im Laufe der Jahre kamen zahlreiche Prominente Esslinger Bürger dazu, wie z.B. der Handschuhfabrikant Daniel Jettels (1832-1900), Jakob Lindauer, Kirchenvorsteher der israelitischen Gemeinde der Stadt, Anna Rotschild (1874-1925) Hausmutter am Israelitischen Waisenhaus und erste Frau Theodor Rotschilds.

Noch bis vor wenigen Jahren war es unbekannt, dass 15 im KZ-Außenlager Hailfingen-Tailfingen verstorbene Häftlinge im Dezember 1944 nach Esslingen transportiert, im hiesigen Krematorium verbrannt und anschließend auf dem Ebershaldenfriedhof bestattet wurden. Erst die Historikerin Dr. Gudrun Silberzahn-Jandt hat eine entsprechende Quelle in unserem Stadtarchiv entdeckt. Dank der Forschungen von Volker Mall und Harald Roth ist es gelungen, den Toten wenigsten einen Namen zu geben.

Bekannt waren hingegen die Namen von 19 Menschen, die im KZ-Außenlager Echterdingen ums Leben kamen und im Winter 1944/45 eingeäschert und beigesetzt wurden.

Der gemeinderätliche „Arbeitskreis Gedenken“ beschäftigte sich damit, den 15 Toten aus Hailfingen-Tailfingen ein ehrendes Gedenken zu geben und es wurde bald klar, dass die 19 namentlich bekannten Opfer aus Echterdingen in gleicher Weise gewürdigt werden müssen.

Es wurde ein Wettbewerb ausgeschrieben. Von Beginn an war es der Stadt wichtig, die Entscheidung für eine konkrete Lösung auf ein breites gesellschaftliches und fachliches Fundament zu setzen. Eine Jury, der auch der Landesrabbiner Netanel Wurmser angehörte, hat sich der inhaltlich und gestalterisch komplexen Herausforderung angenommen. Die überregional angesehene Bildhauerin Rotraud Hofmann hat sich auf die Komplexität, die Geschichte und auch das Leid eingelassen, das diesen Ort kennzeichnet und mit großem Einfühlungsvermögen eine angemessene Lösung gefunden, die an den monumentalen Davidstern anknüpft und andererseits der Individualität der Opfer Raum gibt. 

Am 18. Juli 2013 fand die Grabsteinsetzung für die 34 Opfer aus den KZ-Außenlagern Hailfingen-Tailfingen und Echterdingen auf dem jüdischen Grabfeld des Ebershaldenfriedhofs statt.

Stadtarchiv und Grünflächenamt haben eine Dokumentation mit Texten von Dagmar Weinberg zusammengestellt. Diese Dokumentation ist in der Friedhofsverwaltung auf dem Ebershaldenfriedhof sowie im Bürgerbüro erhältlich.

Friedhöfe ins Bewusstsein rücken

Der im Jahr 1844 angelegte Ebershaldenfriedhof ist als Kulturdenkmal gesetzlich geschützt. Der Schutz bezieht sich jedoch nicht auf alle Grabanlagen. Diese sind aber kulturelle Zeugnisse, deren Gestaltungen und Inschriften von der Geschichte der Stadt Esslingen und ihren Bewohner:innen erzählen.

Auf Initiative des Landesamts für Denkmalpflege dokumentieren ehrenamtlich engagierte Bürger:innen Gräber des Ebershaldenfriedhofs, die vor dem Jahr 2000 angelegt wurden.

Führungen

Über das Projekt

Das Projekt möchte das Bewusstsein der Esslinger Bürger:innen für den Wert und die Bedeutung des Friedhofs stärken. Der rasche Wandel der Bestattungskultur macht solches Engagement dringend notwendig. Schließlich birgt der Ebershaldenfriedhof Grabanlagen aus rund 170 Jahren Esslinger Geschichte. Manche erhaltenswerten Zeugnisse sind schon verloren!

Deshalb hat das Landesamt für Denkmalpflege eine Initiative gestartet, traditionelle Friedhöfe in Baden-Württemberg zu dokumentieren. Damit sollen diese  Friedhöfe ins Bewusstsein der Menschen vor Ort gerückt werden. Das sichert den Friedhöfen eine größere Beachtung und die notwendige Sicherung und  Pflege, um sie für die Zukunft zu erhalten.

Die Dokumentationen legen den Grundstein für weitergehende Aktivitäten der Inwertsetzung wie etwa eine Beschilderung, Internetpräsentationen,  Führungen vor Ort und nicht zuletzt praktische Beiträge wie Grabmalpatenschaften oder Friedhofsaktionstage. Die Dokumentationen bilden außerdem die  Grundlage für eine wissenschaftliche Beschäftigung mit der Ortsgeschichte, Sozialgeschichte, Kulturgeschichte usw. All diese Aktivitäten können in  bürgerschaftlicher oder kommunaler Hand liegen, sie sind für Einzelpersonen, Gruppen und Institutionen lohnend und befriedigend. Und auch für das  Landesamt für Denkmalpflege sowie auch die Kommunen sind diese Dokumentationen wertvoll, wenn es um die Bewertung von Friedhöfen oder  Grabanlagen geht. Für das Landesamt für Denkmalpflege geht es um die Feststellung der Kulturdenkmaleigenschaft, für die Kommunen um die  Entscheidung, welche Bestandteile als erhaltenswert gelten sollen. 

Derartige Friedhofsprojekte gibt es aktuell in Ulm, Schwenningen und Esslingen. Hier wird mit lokalen Akteuren und freiwillig Engagierten die Dokumentation  der Friedhofsanlage und ihrer Grabstätten bewerkstelligt. Notwendige Partner sind hierbei die Friedhofsverwaltungen und Stadtarchive. Unverzichtbar sind Personen und Gruppen, die sich für dieses Thema interessieren und sich in einer Projektgruppe zusammenfinden.

Die Ergebnisse stehen der interessierten Öffentlichkeit anschließend im Stadtarchiv zur Verfügung und dienen der Stadt Esslingen als Entscheidungsgrundlage dafür, welche Grabanlagen als erhaltenswert gelten sollen. 

Mitwirkende gesucht

Einzelpersonen und bürgerschaftliche Gruppen sind herzlich eingeladen, an dieser Aufgabe im Projektteam mitzuwirken.

Melden Sie sich gerne bei

Dr. Peter Dietl
Geschichts- und Altertumsverein
Telefon 0711 3369700

Wir freuen uns auf Sie! 

Projektbeteiligte

Koordination:

Geschichts- und Altertumsverein Esslingen
Projektgruppe Ebershaldenfriedhof
Dr. Peter Dietl
Hafenmarkt 7
73728 Esslingen am Neckar
Telefon 0711 336970-0

Unterstützt von:

Landesamt für Denkmalpflege
Dr. Claudia Dutzi
Berliner Str. 12
73728 Esslingen am Neckar
Telefon 0711 90445-109

Stadt Esslingen am Neckar

Friedhöfe und Bestattungen
Landenbergerstraße 50
73728 Esslingen am Neckar
Fax +49 711 3512-553257
Denkmalschutz
Ritterstraße 17
73728 Esslingen am Neckar
Stadtarchiv
Georg-Christian-von-Kessler-Platz 10
73728 Esslingen am Neckar
Telefon 0711 3512-2530
Fax 0711 3512-552613

Friedhofsprojekte bewahren Geschichte

Friedhöfe sind fester Bestandteil unserer Städte und Gemeinden. Sie sind Orte kollektiven und individuellen Gedächtnisses – als emotional besetzte Orte  und als steinerne Archive. Und sie gehören zum Ortsbild dazu, als Grün- und Freifläche mit Wegesystem, zumeist stattlichem Baumbestand und der  traditionellen Friedhofskapelle.

Wir Menschen erleben sie zudem als ruhige, grüne, von zahlreichen Kleintieren belebte Rückzugsräume innerhalb der Bebauung. Friedhöfe sind Elemente  unserer Kulturlandschaft. Viele Menschen denken hierbei vor allem an Grabstätten. Doch nachmittelalterliche Friedhöfe sind auch planmäßige Anlagen mit  Wegen, Brunnen, Kreuzen und Skulpturen sowie Grünflächen, Baumreihen und Gehölzen. Dazu kommt die spezielle Friedhofsarchitektur (Trauerhalle, Krematorium, Leichenhalle). Die Anlagen weisen oft Gestaltungs- und Aufenthaltsqualitäten bis hin zu gartenkünstlerischem Niveau auf. Wenn Friedhöfe  nicht mehr wie bisher genutzt werden, steht also weit mehr auf dem Spiel als einzelne historische Grabstätten.