Neue Weststadt: Das klimaneutrale Stadtquartier

Dank seines zukunftsfähigen Energiekonzepts und der Produktion von grünem Wasserstoff in urbaner Umgebung genießt die „Neue Weststadt“ bundesweit den Ruf als Leuchtturmprojekt.

Auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhof- und Hengstenbergareals entsteht in den kommenden Jahren ein urbanes Quartier mit über 600 Wohnungen, Büro- und Gewerbeflächen, Grünflächen sowie einem Neubau der Hochschule Esslingen.

Ambitioniert ist auch der energetische Standard: Die Stadt Esslingen strebt hier die CO2-Neutralität des Quartiers an. Damit wird das energie- und klimapolitische Ziel der Bundesregierung eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestands bis 2050 beispielhaft umgesetzt und erprobt.

Mit einer Größe von mehr als 12 Hektar ist die Neue Weststadt das bedeutendste Stadtentwicklungsprojekt der Stadt Esslingen.

Dank seines zukunftsträchtigen Energie- und Nachhaltigkeitskonzepts wurde das Quartier bereits mehrfach prämiert. Unter anderem wurde die Neue Weststadt mit dem Innovationspreis des Bundeswirtschaftsministeriums, dem Transferpreis der Steinbeis-Stiftung und der Gold-Zertifizierung der der Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) ausgezeichnet.

Wissenswertes zur Neuen Weststadt

Vernetzte Versorgungssysteme

Das Kernstück des energetischen Quartierskonzepts ist die innovative Kopplung der Sektoren Strom, Wärme, Kälte und Mobilität.

Die Gebäudeblöcke werden unter besonderer Berücksichtigung von Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit errichtet, beispielsweise durch eine hohe wärmeschutztechnische Qualität der Gebäudehüllen. Bereits auf Blockebene werden weitestgehend erneuerbare Energien zur Eigenversorgung genutzt.

Die Vernetzung der Versorgungssysteme erfolgt über ein „Smart Grid“ mit einem übergreifenden digitalen Informationsnetz. Für die dezentrale Vermarktung von Energie werden neue Lösungsansätze und Vermarktungsoptionen entwickelt.

Energiezentrale und Wasserstofferzeugung

Es entsteht eine übergeordnete, zentrale Versorgungsinfrastruktur mit einer Energiezentrale im Quartierszentrum. Das Herzstück bildet ein Elektrolyseur, der überschüssigen Strom aus erneuerbarer Erzeugung (lokal und überregional) in Wasserstoff umwandelt. Durch Rückverstromung in Brennstoffzellen oder Wasserstoff-Blockheizkraftwerke kann Regelenergie bereitgestellt und zur Integration erneuerbarer Energien im Stromnetz beigetragen werden.

Der systemdienliche Betrieb von Elektrolyseuren gilt als wichtiges Element im zukünftigen erneuerbaren Energiesystem. In der Neuen Weststadt wird überschüssiger erneuerbarer Strom zur Wasserstoff-Herstellung verwendet. Der Wasserstoff wird dabei mehrheitlich in das bestehende Erdgasnetz eingespeist. Zusätzliche Optionen zur Nutzung des Wasserstoffs liegen in den Bereichen Mobilität und Industrie oder der bedarfsgerechten Rückverstromung im Stadtquartier.

Zudem wird die Abwärmenutzung aus dem Elektrolyseprozess über ein Nahwärmenetz zur Effizienzsteigerung erstmals in einem innerstädtischen Quartier erprobt. Die Kälteerzeugung findet mittels einer Adsorptionskälteanlage im Bereich des gewerblich genutzten Blocks E statt.

Zur zeitlichen Entkopplung von Energieerzeugung und -nutzung dienen zentrale Stromspeicher. Neue Stromspeichertechnologien sollen in verschiedenen Anwendungen erprobt und das Potenzial für eine gekoppelte Nutzung bewertet werden.

Mobilität

Für eine nachhaltige Stadtentwicklung hat der Bereich der Mobilität einen hohen Stellenwert. Schnittstellen zwischen der stationären Energieinfrastruktur und der Mobilität im Quartier sollen beispielsweise durch das Angebot öffentlicher und halböffentlicher Ladestationen genutzt werden. Mit der Vernetzung von Lade- und Buchungstechnik der Fahrzeuge wird ein netzdienlicher Betrieb realisiert.

Der Einsatz strombetriebener, oberleitungsgebundener Busse ist ein herausragendes Merkmal des öffentlichen Personennahverkehrs der Stadt Esslingen. Langfristiges Ziel ist die nahezu komplette Erschließung des Stadtgebietes mit diesem System. Für Strecken ohne Oberleitungsnetz werden Elektrobusse mit zusätzlichen Batterien notwendig.

Lokaler erneuerbarer Überschussstrom aus der „Neuen Weststadt“ soll direkt und nahezu verlustfrei in das Gleichstrom-Oberleitungsnetz des ÖPNV eingespeist sowie eine temporäre, bidirektionale Verwendung der Traktionsbatterien in den Bussen zur Stromnetzstabilisierung untersucht werden. Die Batterien werden im Sinne einer nachhaltigen Nutzung am Ende der Lebensdauer einer Second-Life-Nachverwendung zugeführt.

Monitoring

Der Transformationsprozess der Neuen Weststadt vom ehemaligen Güterbahnhof zum nachhaltigen, technologisch innovativen Stadtquartier bedarf eines sozialwissenschaftlichen Monitorings, um die Wünsche und Zufriedenheit der Bürger:innen frühzeitig zu erheben und zu integrieren.

Die Akzeptanz der verschiedenen Nutzungsgruppen ist ein wichtiger Baustein für Erfolg und Übertragbarkeit des Projekts. Die Berücksichtigung der Erwartungen und Motive der Bürger:innen ist über geeignete Medien geplant. Die Einbindung der Hochschule Esslingen soll einen direkten Wissenstransfer aus dem Reallabor und somit eine nachhaltige Wissensvermittlung in Bildung und Lehre sicherstellen.

Begleitend erfolgt die Weiterentwicklung eines bestehenden Planungstools für Energiekonzepte auf Quartiersebene. Mit dem neuen Tool wird eine gesamtwirtschaftliche Bewertung innovativer Technologien und Betreibermodelle bei der realen Quartiersentwicklung ermöglicht.

Die „Neue Weststadt“ soll unter Einbeziehung aller städtischen Funktionen zu einem nahezu klimaneutralen Stadtquartier werden. Der zellulare Aufbau des Versorgungskonzeptes ermöglicht in der Zukunft optionale Erweiterungen in angrenzende Quartiere. Besonders die Sektorenkopplung der leitungsgebundenen Energie mit der Mobilität birgt einen deutlichen Mehrwert auf dem Weg zum emissionsfreien Stadtverkehr.

Die Baublöcke des Quartiers

Baublock A: Gewerbe und Wohnungen

Vom Bahnhofsplatz aus gesehen bildet der Baublock A mit dem Alten Zollamt den Auftakt der Neubebauung in der Neuen Weststadt. Insofern ist die Wirkung dieses Gebäudes in den öffentlichen Raum von besonderer Bedeutung.

Zur Sicherung der städtebaulichen Qualität und Vielfalt wurde daher für Baublock A ein weiteres Wettbewerbsverfahren durchgeführt. Von den Teilnehmenden des Wettbewerbs war die Ausarbeitung einer Planung für einen gemischt genutzten Baukörper gefordert, der im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss gewerbliche Nutzungen und in den darüber liegenden Geschossen Wohnungen vorsieht.

Dabei sind 75% der entstehenden Wohnungen für den geförderten sozialen Wohnungsbau vorgesehen. Voraussichtlicher Baubeginn ist Mitte 2025, die voraussichtliche Fertigstellung ist für 2027 geplant.

Ausschnitt aus dem Rahmenplan Neue Weststadt, in dem der Baublock A blau umrandet ist.

Baublock B: Gewerbe und Wohnungen

An dieser Stelle der Neuen Weststadt entstanden neun Gewerbe- und 132 Wohneinheiten, die bereits fertiggestellt sind. Komplettiert wird der Baublock von einem begrünten Innenhof mit Spielmöglichkeiten und Laubbäumen. 2021 wurde das Gebäude mit dem DGNB-Zertifikat in Gold für nachhaltige Gebäude ausgezeichnet.

Foto des fertiggstellten Baublockes B
Foto des fertiggstellten Baublockes B
Ausschnitt aus dem Rahmenplan Neue Weststadt,in dem der Baublock B blau umrandet ist.
Foto des fertiggstellten Baublockes B
Foto des fertiggstellten Baublockes B

Baublock C: Gewerbe und Wohnungen

Nahe der Mitte der Neuen Weststadt entstanden weitere Wohneinheiten und acht Gewerbeeinheiten. Auch diese Gebäude sind bereits vollständig fertiggestellt. Nördlich dieses Baublocks entstand ein Quartiersplatz, der den öffentlichen Raum beleben soll. Zudem verfügt auch der Baublock C über einen begrünten Innenhof mit Spielmöglichkeiten und Laubbäumen.

Foto des fertiggestellten Baublockes C - ©RVI GmbH
Foto des fertiggestellten Baublockes C - ©RVI GmbH
Ausschnitt aus dem Rahmenplan Neue Weststadt, in dem der Baublock C blau umrandet ist.
Foto des fertiggestellten Baublockes C - ©RVI GmbH
Foto des fertiggestellten Baublockes C - ©RVI GmbH

Baublock D: Gewerbe und Wohnungen

In diesem Bereich der Neuen Weststadt entstanden insgesamt zehn Gewerbe- und 167 Wohneinheiten.

Genau wie die Baublöcke B und C ist auch der Block D bereits fertiggestellt. Zudem wurde ein großer Innenhof mit begrünten Gemeinschaftsflächen angelegt. In den Baublock D ist eine Kindertagesstätte integriert.

Foto eines fertiggestellten Gebäudes Baublock D - ©RVI GmbH
Foto eines fertiggestellten Gebäudes Baublock D - ©RVI GmbH
Ausschnitt aus dem Rahmenplan Neue Weststadt, in dem der Baublock D blau umrandet ist.
Foto eines fertiggestellten Gebäudes Baublock D - ©RVI GmbH
Foto eines fertiggstellten Gebäudes Baublock D - ©RVI GmbH

Baublock E: „Crystal Rock“

Auf dem Gebiet des Baublocks E soll ein modernes Büro- und Geschäftsgebäude entstehen, das die Tradition der Stadt Esslingen am Neckar, ihre Geschichte und ihre Zukunft wiederspiegelt.

Das entworfene, 6.500 Quadratmeter große Gebäude namens „Meilenstein – a Crystal Rock“ ist Teil des neuen Masterplans für die Neue Weststadt in Esslingen und umfasst Gewerbeflächen, Gastronomie und eine Aussichtsplattform.

Dieser Entwurf wurde von Vertreter:innen der Gemeinderatsfraktionen, dem Bürgerausschuss Innenstadt, dem Planungsrat der Esslinger Architekt:innen, externen Fachexpert:innen, dem Investor RVI GmbH sowie der Stadtverwaltung einstimmig als Grundlage der Realisierung abgesegnet.

Die Planungen für den Baublock E starten im kommenden Jahr.

MVRDV entwirft „Crystal Rock“
MVRDV entwirft „Crystal Rock“  - Nacht

Baublöcke F, G, H: Hochschulcampus

Der frühere Standort „Flandernstraße“ der Hochschule Esslingen wird derzeit in den „Campus Neue Weststadt“ verlagert. Dieser neue Standort umfasst die Baublöcke F, G und H und befindet sich in fußläufiger Distanz um Bahnhof Esslingen.
 
In dem Neubau sollen verschiedene Studiengänge der Hochschule Esslingen mit Hörsälen, Seminar- und Büroräumen untergebracht werden. Hinzu kommen eine Mensa, eine Aula, eine Zentralbibliothek und ein Rechenzentrum sowie das Staatliche Seminar für Didaktik und Lehrerbildung.

Das Hochschulareal befindet sich derzeit in Realisierung und wird voraussichtlich zum Wintersemester 2025 fertiggestellt.

Ausschnitt aus dem Rahmenplan Neue Weststadt, in dem der Baubereich der Hochschule blau umrandet ist.
Visualisierung: geplante Baukörper - ©Bär Stadelmann Stöcker Architekten

Neue Weststadt

Kontakt für Rückfragen

Stadtentwicklung
Ritterstraße 17
73728 Esslingen am Neckar
Frau Nicole Köppener-Lampe

Stadtplanerin und Architektin, Gebietsverantwortliche Planerin

Telefon 0711 3512-2685
Fax 0711 3512552685
Gebäude Ritterstraße 17
Raum 221

Weitere Projektbeteiligte

  • Steinbeis Innovationszentrum EGS
  • Institut IGS der TU Braunschweig
  • RVI GmbH Saarbrücken
  • Green Hydrogen Esslingen GmbH
  • Städtische Verkehrsbetriebe Esslingen
  • Institut INEM der Hochschule Esslingen
  • Polarstern GmbH München
  • MondayVision UG Stuttgart