Februar 2022 - Stadtansicht von Esslingen (Karl Fuchs)
Karl Fuchs (1872-1968)
Stadtansicht von Esslingen
um 1920
Radierung
(Stadtmuseum im Gelben Haus, STME 007459)

Das ungerahmte Blatt zeigt Esslingen vom linken Neckarufer aus. Die Blickrichtung geht nach Nordwesten, wobei der Künstler in etwa auf der Höhe des Alicenstegs gestanden haben muss. Im Vordergrund am unteren Bildrand fallen fünf Villen auf, die sich in der heutigen Berkheimer Straße direkt am Neckar befinden. Der Blick folgt dem Fluss bis zum Wehr, an dessen Ende die Pliensaubrücke mit Pliensautor und dahinter die Fabrikgelände der Weststadt mit Quist und Dick zu sehen sind. Im rechten unteren Eck des Bildes lässt sich das Gärtnerhaus des Merkelschen Fabrikanten-Anwesens ausmachen. Dahinter sind Teile eines Fabrikgebäudes von Merkel & Kienlin erkennbar. Das direkte rechte Neckarufer ist als dichtes Baum- und Buschwerk dargestellt und trennt ausgehend vom rechten unteren Eck des Bildes den Bildmittelgrund vom Vordergrund. Dahinter liegen dicht gedrängt die Giebel der Esslinger Altstadt. Markant stechen die Stadtkirche St. Dionys, die Frauenkirche und die Burg heraus. Als letztes Gebäude am rechten Bildrand ist noch der Turm der ehemaligen Franziskanerkirche auszumachen. Links neben der Frauenkirche ist deutlich der Neckarhaldenweg mit Neckarhaldentor erkennbar. Den Hintergrund bilden auf der linken Bildseite die Neckarhalde und auf der rechten Bildseite Hügel des Schurwaldes.
Diese Stadtansicht kam vor wenigen Monaten als private Schenkung in die Museumssammlung. Sie entspricht in Perspektive und Bildausschnitt genau einem großformatigen Ölbild von der Hand des Künstlers, das im Treppenhaus des Stadtmuseum zu besichtigen ist.
Esslingen hat Karl Fuchs in vielen Bildern porträtiert und die Altstadt mit ihren Gassen, Plätzen und Winkeln in zahlreichen Motiven zeichnerisch wie malerisch festgehalten. Seine Ansichten von der Burg, der Pliensaubrücke mit dem Pliensauturm oder vom Alten Rathaus sind bis heute populär und zieren als Radierungen und Lithographien vervielfältigt so manche Wohnzimmerwand. Das Stadtmuseum im Gelben Haus besitzt einen umfangreichen Bestand an Graphiken des Künstlers.
Karl Fuchs wurde vor 150 Jahren, am 2. Februar 1872, in Stuttgart geboren und stammte aus einer Handwerkerfamilie. Fuchs absolvierte in Stuttgart eine Lehre zum Lithograph im Atelier von Friedrich Federer und besuchte zudem Kurse bei Friedrich von Keller und Hermann Plauer an der Stuttgarter Akademie der Künste. Danach machte sich Fuchs als Lithograph selbständig. Er erledigte Auftragsarbeiten für Verlage, für die er etwa Buchdeckel und Widmungsblätter entwarf, er zeichnete Karikaturen für den Stuttgarter Generalanzeiger und nahm Aufträge aus der Industrie an.
Ein Haupterwerbszweig von Karl Fuchs war das Zeichnen und Lithographieren von Ansichtspostkarten, wofür Fuchs umfangreiche Reisen unternahm. Auch der Auftrag des Statistischen Landesamts, Illustrationen zur „Oberamtsbeschreibung für das Königreich Württemberg“ anzufertigen, führte zu einer regen Reisetätigkeit, während der er in Buoch seine spätere Frau kennenlernte und sich dort für mehrere Jahre niederließ. 1907 zog er mit seiner jungen Familie nach Esslingen, wo er bis zu seinem Tod im Jahre 1968 lebte und wirkte. 1952 erhielt Fuchs das Bundesverdienstkreuz und wurde zum Ehrenbürger der Stadt Esslingen ernannt.