Rechnung des Tierpräparators Gustav Schmid

Papier, Tinte
1904
(Stadtarchiv Esslingen, Bestand THG Nr. 40)

Vergilbtes Blatt Papier. Im Briefkopf ist ein Hirschkopf mit großem Geweih abgebildet.
Fotografie: Stadtarchiv Esslingen

Im Stadtarchiv Esslingen befindet sich im Bestand „Theodor-Heuss-Gymnasium“ – der Nachfolgeschule der Höheren Mädchenschule – eine Rechnung mit Briefkopf aus dem Jahr 1904. Es handelt sich dabei um ein Schreiben des Präparators Gustav Schmid für einen „ausgestopften“ Eichelhäher. Ein solcher befindet sich noch heute im Theodor-Heuss-Gymnasium (THG) und es ist anzunehmen, dass es sich um das hier in Rechnung gestellte Exemplar handelt.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wahrscheinlich auch noch darüber hinaus, war es in den Schulen durchaus üblich, für Unterrichtszwecke in Biologie präparierte Tiere anzuschaffen. Bekannt sind in Esslingen unter anderem Sammlungen in der ehemaligen Burgschule und im Georgii-Gymnasium.
Der Esslinger Präparator Gustav Schmid hatte sein Gewerbe am 10. September 1902 angemeldet und fand erstmals im Esslinger Adressbuch von 1903 Erwähnung. Weitere Einträge stammen aus den Jahren 1904 und 1905. Als seine „Spezialität“ wird im gezeigten Briefkopf die „Anfertigung von Wildköpfen aller Art“ genannt. Folgerichtig ist hier ein Hirschkopf abgebildet. Entgegen der allgemeinen Meinung, die Tiere würden „ausgestopft“, verhält es sich dabei so, dass ein:e Präparator:in das Fell oder Federkleid abzieht und gerbt, um es haltbar zu machen. Das tote Tier wird vermessen und eine Nachbildung aus Kunststoff oder Holz hergestellt, auf die dann das Fell aufgezogen und mit (unsichtbaren) Drähten befestigt wird. Dieser Vorgang wird zwar als „Ausstopfen“ bezeichnet, hat aber mit realem Ausstopfen wenig zu tun. Den Beruf der Präparation kann man auch heute noch an der Höheren Berufsschule für Präparationstechnik des Walter-Gropius-Kollegs in Bochum erlernen.
Auf der vorliegenden Rechnung quittierte Gustav Schmid den Erhalt des Betrags über 2 Mark 20 Pfennige durch seine Unterschrift. Der Rektor Wilhelm Frey bestätigte die Übernahme in die Lehrmittelsammlung und die Vorstreckung der Kosten durch den Auftraggeber, den Oberlehrer Hermann Bäuchlen.
Nach 1904 verschwindet Gustav Schmid aus den Esslinger Adressbüchern, stattdessen werden in den folgenden Jahren bis 1912 andere Präparatoren aufgelistet. Erst ab 1913 bis 1920 war Gustav Schmid erneut als Präparator tätig. In den 1930er Jahren kaufte er das Gebäude Rossmarkt 24, führte dort einige Jahre sein Geschäft und vermietete die Wohnungen. Er war außerdem Eigentümer des Hauses Martinstraße 23, in das er später auch seine Werkstatt verlegte.
Die Geschäfte liefen nicht immer gut, weshalb Schmid zeitweise auch eine Pelz- oder Fellhandlung betrieb. Zudem hatte er kurzfristig eine Architektur-Modell-Werkstatt und bot elektrische Schweißarbeiten an. In den 1940er Jahren besaß er in seinem Anwesen in der Martinstraße 23 eine Schießbude. Nach seinem Tod Anfang der 1960er Jahre ging das Gebäude in den Besitz der Stadt Esslingen über und wurde später abgerissen.

(Erstellt am 01. Juli 2023)