Juni 2022 - Städtepartnerschaftsurkunde Esslingen - Vienne
Städtepartnerschaftsurkunde Esslingen - Vienne
Pergament, Tusche
1969
(Stadtarchiv Esslingen, StAE, Ref. Städtep. Nr. 12)

Seit kurzem verwahrt das Stadtarchiv Esslingen die Städtepartnerschaftsurkunde, die Esslingen und die französische Stadt Vienne freundschaftlich miteinander verbindet. Das zweisprachige Dokument wurde - rund 25 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs - am 16. Oktober 1969 vom Esslinger Oberbürgermeister Eberhardt Klapproth (1966-1989) und dem Vienner Bürgermeister Maurice Chapuis (1959-1971) feierlich unterzeichnet. Die zuvor im Referat für Städtepartnerschaft verwahrte Urkunde wurde ungewöhnlicherweise - wohl dem besonderen Anlass geschuldet – auf Pergament ausgefertigt. Mit der Urkunde bekennen beide Partnerstädte, zu „einer friedlichen Zusammenarbeit zwischen Frankreich und Deutschland […] und damit zur Sicherung einer glücklichen Zukunft in einem geeinten Europa“ beitragen zu wollen. Damit verpflichteten sich die beiden Städte ganz dem Geist des wenige Jahre zuvor zwischen Frankreich und Deutschland unterzeichneten Élysée-Vertrags.
Mit dem Élysée-Vertrag vom 22. Januar 1963 hatten der französische Staatspräsident Charles de Gaulle und der deutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer die Aussöhnung der lange Zeit verfeindeten Länder Frankreich und Deutschland besiegelt und damit die Grundlage für einen dauerhaften Frieden zwischen den beiden Staaten und darüber hinaus für ganz Europa gelegt. Dem vorausgegangen war de Gaulles vielbeachtete „Rede an die deutsche Jugend“ im Jahr 1962 in Ludwigsburg, in der der französische Staatspräsident der Hoffnung Ausdruck verlieh, dass künftige Generationen von Franzosen und Deutschen in einem gemeinsamen Europa in Frieden miteinander leben könnten. In der Folge vereinbarten viele deutsche und französische Kommunen Partnerschaften und initiierten regelmäßige Austausch- und Besuchsprogramme insbesondere für Jugendliche. Damit leisteten sie einen wichtigen Beitrag dazu, die „Erbfeindschaft“ Deutschlands und Frankreichs zu überwinden, die innerhalb eines knappen Jahrhunderts dreimal Krieg mit Millionen Toten auf beiden Seiten gegeneinander geführt hatten.
In Esslingen bestanden bereits vor der offiziellen Aussöhnung Deutschlands und Frankreichs Kontakte zu der Stadt Vienne im Département Isère, die der Völkerverständigung dienten: Im Juli 1958 besuchte eine erste Esslinger Gruppe im Rahmen eines Jugendaustauschs die spätere Partnerstadt. Im Jahr 1969 beschlossen die Gemeinderäte beider Städte, die Freundschaft auch öffentlich zu besiegeln. Bürgermeister Chapuis reiste hierfür mit einer Delegation aus Vienne nach Esslingen. Die Verschwisterungsfeier fand um 20 Uhr in der Stadthalle statt. Der nächste Tag war für Stadtrundfahrten und Empfänge vorgesehen, bevor die französische Delegation am Sonntag wieder abreiste. Über die Jahre entstand ein ständiger gegenseitiger Austausch, dem sich viele Freundschaften und auch Ehen und Kinder verdanken.
Der Esslinger Gemeinderat nahm darüber hinaus 1968 Partnerschaftsverhandlungen mit der Walisischen Stadt Neath und Udine in Italien auf. Die schwedische Stadt Norrköping und Shiedam in den Niederlanden sollten später folgen. 1983 unterzeichneten die Oberbürgermeister dieser Städte sowie die neu dazu gekommene Stadt Velenje im heutigen Slowenien gemeinsam mit Vertretern der Stadt Esslingen neue Urkunden in Vienne, um „dauerhafte Bande aufrechtzuerhalten“. Anlass war das 25-jährige Jubiläum der ersten Partnerschaft zwischen Esslingen und Vienne.