Zwei Fahnen des Mettinger Liederkranzes

Seide, bemalt bzw. bestickt
1841 und 1891
(Städtische Museen Esslingen, STME 008058 und STME 008059)

Rechteckige Vereinsfahne aus dem Jahr 1841 mit zwei seitlichen Quasten und goldener Beschriftung.
Fotografie: Michael Saile

Die beiden Fahnen markieren wesentliche Stationen in der langen Vereinsgeschichte des Mettinger Liederkranzes und weisen diesen Verein als den ältesten des ehemaligen Filialorts und heutigen Stadtteils Esslingens aus: Bereits 1839 trafen sich junge Weingärtner aus Mettingen in der sogenannten Welschkornbühne beim Alten Rathaus in Esslingen und übten sich im vierstimmigen Gesang. Als Mettinger Singverein mit bereits 24 Mitgliedern werden sie 1840 erwähnt. Im selben Jahr hatten die Sänger ihren ersten öffentlichen Auftritt im Gasthaus zur Krone in der Pliensau. Eine ansehnliche Geldspende aus dem Publikum ermöglichte in der Folge die Anschaffung der ersten Vereinsfahne. Beim großen Festumzug der Württemberger zum 25-jährigen Thronjubiläum von König Wilhelm I. marschierten auch 28 Sänger des Mettinger Liederkranzes mit und präsentierten ihre Fahne. Dieses Großereignis war der erste Höhepunkt in der Geschichte des jungen Vereins, der offensichtlich großen Wert darauf legte, dass die Jahreszahl dieser patriotischen Huldigungsveranstaltung auch als Gründungsjahr auf seiner Fahne stand und solchermaßen in die Annalen der Vereinsgeschichte einging. Zum 50jährigen Vereinsjubiläum wurde 1891 eine neue Fahne in Auftrag gegeben. Ganz offensichtlich zu einem späteren Zeitpunkt wurde diese noch mit dem gestickten Schriftzug „gegr. 1841“ ergänzt, der sich deutlich abhebt vom Rest der Stickerei. Es ist gut möglich, dass diese Angabe im Jahr 1951 angebracht wurde. Während im Kriegsjahr 1941 keine Feierlichkeiten stattgefunden hatten, wurde das 110jährige Vereinsjubiläum 1951 groß gefeiert.
Die ältere der beiden Fahnen wurde aus Seide gefertigt und besteht aus zwei Fahnenblättern Auf einer Seite ist der Schriftzug „Gesangverein von Mettingen 1841“ und auf der anderen Seite ein Landschaftsbild mit im Vordergrund stehendem Weinstock aufgemalt – letzteres eine Arbeit, des Kunstmalers Louis Häbe aus Esslingen, die, wie eine Vereinschronik berichtet, „im Waldhäuser, im Weinberg des Georg Adam Clauß, Kirchstraße“ ins Werk gesetzt wurde. Die Seitenränder der Fahne sind von zwei Metallkordeln geziert an deren Ende jeweils eine Quaste sitzt. Unter- und Oberkante sind durch Borten aus Metallbouillonfransen verziert. Über die Seite und die obere Kante verläuft zudem eine Kordel aus Metallfäden. Eine eingenähte Stange mit eichelförmigen Abschlüssen und einer mittigen Ringöse dient der Äufhängung.
Die jüngere der beiden Fahnen wurde von der Fahnenfabrik Neef in Biberach gefertigt. Dieses 1848 gegründete Unternehmen spezialisierte sich früh auf kunsthandwerklich gefertigte Vereinsfahnen von hoher Qualität und blieb dieser Tradition bis heute treu. Die für den Liederkranz Mettingen hergestellte Fahne ist ebenfalls zweiseitig mit einem roten und weißen Fahnenblatt aus Seidensamt. Sie weist drei Spitzbögen auf, die jeweils mit einer Quaste abschließen.  Das rote Fahnenblatt aus dunkelrotem Seidensamt ist mit einer Metallstickerei in Anlegetechnik verziert. Auf ihr ist der  Schriftzug „Liederkranz 1891. Gegr. 1841 Mettingen“ zu lesen. Das weiße Fahnenblatt ist mehrfarbig mit Plattstich- und Kurbelstickerei bestickt und zeigt die Darstellung eines Weinstocks. Die Kanten ziert eine Fransenborte aus Metallbouillonfransen. Die Aufhängung der Fahne erfolgt durch eine eingenähte Stange mit knaufförmigen Abschlüssen und angeschraubten Metallbügel.
Im Laufe der Zeit haben die Fahnen stark gelitten. Beide wurden bereits in früherer Zeit überarbeitet. Die Fahnenblätter der älteren Fahne wurden doubliert. Bei diesem Verfahren wurde die fragile Seidentextur auf ein stabiles Trägergewebe aufgebracht.
Die aktuelle Restaurierung der Fahnen beschränkte sich auf wenige behutsame Maßnahmen: Die ältere Fahne wurde im Wesentlichen mit einer ganzflächigen Abdeckung aus einem farblich passend eingefärbten Nylontüll versehen. Die Fahne von 1891 wurde vorsichtig gereinigt und die Hängung der Quasten gesichert.

(Erstellt am 01. März 2023)