Urkunde zum Bauernkrieg - Oktober 2025
Urkunde mit Notariatssignet von Bernhard Feuerbacher
2. Mai 1524
Stadtarchiv Esslingen, Reichsstadt Urkunden 2648

Zusammen mit anderen Gegenden Südwestdeutschlands wie dem Hegau war Württemberg, wie auch Franken, das Elsass oder Thüringen, zweifellos einer der Hauptschauplätze des großen Bauernkriegs der Jahre 1524 und 1525.
Inmitten des württembergischen Territoriums gelegen, erlebte Esslingen in dieser Zeit nicht nur deshalb ausgesprochen turbulente Jahre: 1519 war der gewalttätige Herzog Ulrich von Württemberg, nachdem er Reutlingen besetzt und Esslingen belagert hatte, von dem Militärbündnis des Schwäbischen Bundes aus seinem Stammland vertrieben und durch eine habsburgische Regierung ersetzt worden. Seit spätestens 1522 artikulierten sich auch in der freien Reichsstadt zunehmend die Anhänger Martin Luthers, allen voran der Esslinger Bürgersohn Michael Stifel. Zudem beherbergte die Stadt seit Mitte 1524 mit dem so genannte Reichsregiment (einer Art provisorischer Reichsregierung während der Abwesenheit Kaiser Karls V.) und dem Reichskammergericht (das 1495 eingerichtete höchste Gericht war zuständig vor allem bei Berufungsverfahren) zwei zentrale Reichsinstitutionen. In gewisser Weise war Esslingen damit bis 1527, als beide Institutionen die Stadt dauerhaft verließen, eine Hauptstadt des Reiches.
In dieser Situation, als Esslingen in seinen Mauern zahlreiche Funktionäre von Regiment und Gericht beherbergte, eskalierte der so genannte Bauernkrieg. Dies war nicht zuletzt auch für eine Stadt wie Esslingen extrem bedrohlich, weil sich zwar überwiegend Angehörige der ländlichen Bevölkerungen gegen die Verhältnisse auflehnten, aber auch zahlreiche Städter, im übrigen nicht nur aus den Unterschichten, die Aufständischen unterstützten.
Die freie Reichsstadt Esslingen wurde im Gegensatz zu anderen Städten nicht von einem „Bauernhaufen“ besetzt oder öffnete ihm die Tore. Doch wirkten die großen und gewaltförmigen Unruhen vielfach auf die Stadt und ihre Bürger ein. So wurde im April 1525 das Kloster Weil ebenso wie der Sirnauer Hof – beide vor den Toren der Stadt gelegen – von den Bauern geplündert. Die Situation wurde schließlich so heikel, dass die Angehörigen von Reichsregiment und Reichskammergericht Esslingen fluchtartig verließen, während sich gleichzeitig zahlreiche Adelige und Geistliche hinter die sicheren Stadtmauern flüchteten.
Auch einzelne Bürger waren in die Vorgänge involviert, so Bernhard Feuerbacher aus Bottwar, der seit 1500 als Esslinger Bürger und Jurist nachweisbar ist. Er fungierte zunächst als Spitalschreiber und erscheint zudem als kaiserlicher Notar. Das gezeigte Dokument ist ein so genanntes „Notariatsinstrument“, eine von Bernhard Feuerbacher ausgestellte und geschriebene Urkunde vom 2. Mai 1524, die am Schluss zur Beglaubigung Feuerbachers eigenhändiges „Notariatssignet“ ziert. Der Inhalt ist insofern nicht uninteressant, als er einen Protest der Stadt Esslingen gegen die Repräsentanten des Stifts in Konstanz enthält, das ein „Weggeld“ nicht zahlen wollte: Kirchenkritik und Antiklerikalismus gehören zu den vorherrschenden Stimmungen der Zeit.
Bedeutung im Kontext des Bauernkrieges erlangte Bernhard Feuerbacher als Bruder und Verteidiger seines Bruders Matern Feuerbacher, der als Hauptmann des „Hellen Christlichen Haufens“ der Bauern Berühmtheit erlangte. Matern gehörte insgesamt zu den eher gemäßigten, kompromissbereiten Bauernführern. Nach der Schlacht von Böblingen am 12. Mai 1525, die mit einer verheerenden Niederlage der Bauern gegen den Schwäbischen Bund unter dem berüchtigten „Bauernjörge“, dem Truchsess Georg von Waldburg, endete, wurde Matern gefangen genommen und 1527 vor Gericht gestellt. Auch wegen des intensiven und kundigen Beistands seines Bruders gehörte er zu den wenigen Anführern der Bauern, die freigesprochen wurden. Sein Bruder Bernhard Feuerbacher ist bis mindestens 1532 in Esslingen nachweisbar.