Widerstand in Esslingen: Stolperstein für Juliette Kaechelé

Proletarierin, Französin, Rebellin – von den Nazis ermordet: An das schreckliche Schicksal der mit nur 21 Jahren in Plötzensee hingerichteten elsässischen Zwangsarbeiterin Juliette Kaechelé, die in der Esslinger Metallwarenfabrik Mack beschäftigt war, wird in Esslingen am Neckar am 26. Mai 2025 mit zwei Stolpersteinen und einem Vortrag erinnert.

Historische Bekanntmachung von 1942 zur Hinrichtung von Juliette Kaechelé
©Bundesarchiv Berlin, BArch R 301718319

Der Fall der jungen Widerständlerin war bislang in Esslingen nicht bekannt, und bis jetzt gibt es weder westlich noch östlich des Rheins einen Gedenkort für Juliette Kaechelé.

Organisiert durch den Esslinger Verein Denk-Zeichen e. V. verlegt der Künstler Gunter Demnig am Montag, 26. Mai um 10:30 Uhr einen Stolperstein vor der ehemaligen Arbeitsstätte Juliette Kaechelés in der Hindenburgstraße 24. Anschließend wird an ihrer letzten Wohnadresse, Plochinger Straße 124, ein vorab verlegter Stolperstein enthüllt.

Um 18:30 Uhr zeichnet ein Vortrag von Sémil Berg im Patrizierzimmer des Stadtmuseums im Gelben Haus, Hafenmarkt 7, Juliette Kaechelés Leben und Persönlichkeit nach. Sémil Berg ist in der Berliner Gedenkstättenarbeit tätig und hat die Biografie der elsässischen Widerstandskämpferin im Auftrag des Esslinger Stadtarchivs erforscht. Der Eintritt zu dem vom Stadtarchiv veranstalteten Vortrag ist frei.

Am 26. Mai werden – ebenfalls organisiert durch den Verein Denk-Zeichen e. V. – noch zwei weitere Stolpersteine verlegt: Um 9:30 Uhr in der Hindenburgstraße 38 für Lina Möck, ein Opfer des nationalistischen Krankenmordes, sowie um 17:30 Uhr in der Grabbrunnenstraße 10 für Emilie Pfeiffer, die aufgrund heute nicht mehr bekannter Zusammenhänge 1939 im württembergischen Frauengefängnis Gotteszell in Schwäbisch Gmünd inhaftiert und 1942 nach ihrer Verlegung ins Konzentrationslager Ravensbrück ermordet wurde.

Über Juliette Kaechelé (1920-1942)

Juliette Kaechelé wurde am 20. November 1920 geboren und stammt aus dem Textilproletariat von Sainte-Marie-aux-Mines in den Vogesen. Sie wuchs bei ihren Großeltern auf und fing mit 13 Jahren an zu arbeiten. Nach der deutschen de facto Annexion des Elsass im Sommer 1940 schickte das Arbeitsamt die 19-Jährige ins „Alt-Reich“. Juliette Kaechelé arbeitete zunächst in einer Tabakfabrik in Engen, ehe sie im November 1940 der Württembergischen Baumwollspinnerei und Weberei in Esslingen zugewiesen wurde. Von dort wechselte sie 1941 zur Metallwarenfabrik Gebrüder Mack in die Hindenburgstraße 24. In Esslingen bewohnte die junge Frau zusammen mit einer anderen Arbeiterin ein möbliertes Zimmer in der Plochinger Straße 124. Zusammen mit Freunden organisierte sie elsässisch-lothringische Zusammenkünfte in Esslinger Gaststätten. Nach einem Heimaturlaub im Oktober 1941 begann sie, gegen das NS-Regime zu agitieren. Sie verfasste ein Redemanuskript, in dem sie ihre Landsleute zum Widerstand und der Befreiung des Elsass aufrief. Den Text gab sie Arbeiterinnen der Firma Mack zu lesen; fiel im Betrieb außerdem durch das Ausschalten und Kritisieren von NS-Propaganda im Radio auf. Ende November 1941 denunzierten gleich mehrere Personen die junge Elsässerin. Sie wurde am 16. Dezember 1941 in Esslingen verhaftet. Am 2. Oktober 1942 ließ der Volksgerichtshof die in der Haft schwer an Tuberkulose erkrankte 21-Jährige im Strafgefängnis Plötzensee durch das Fallbeil hinrichten.

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(Erstellt am 19. Mai 2025)