Altes Gebäude in neuem Glanz
Von Frühjahr bis kurz vor Beginn des Weihnachtsmarkts sanierte die Stadt Esslingen die Fassade des historischen Neuen Rathauses - ein in vielerlei Hinsicht außergewöhnliches Projekt.
Was das weltbekannte Schloss Neuschwanstein und das Neue Rathaus in Esslingen gemeinsam haben? Bei beiden Fassaden kam derselbe spezielle Putz zum Einsatz, der für Entfeuchtung sorgt - nur eines der vielen bemerkenswerten Details der jüngsten Fassadensanierung des Esslinger Rathauses. Seit April hatte die Stadt Esslingen eines ihrer Wahrzeichen eingerüstet, um Putz, Natursteine und Fenster zu erneuern.
„Denn die Witterung und das Salz der vergangenen Jahrzehnte hatten der Fassade deutlich zugesetzt“, erklärt Jörg Kalus, der das Projekt für die Städtischen Gebäude Esslingen (SGE) verantwortete. „Und die letzte umfassende Instandsetzung der Fassade fand bereits vor rund 60 Jahren statt.“ Daher hatte der Esslinger Gemeinderat im Dezember 2023 den Beschluss zur Sanierung gefällt. Investiert wurden in die Rathausfassade letztlich rund 900.000 Euro - und damit deutlich weniger als ursprünglich geplant. „Außerdem erhalten wir möglicherweise noch Fördergelder in Höhe von bis zu 110.000 Euro“, freut sich Jörg Kalus.
Drei Sanierungsbausteine
Aufgeteilt waren die umfangreichen Arbeiten an der Fassade in drei Bausteine: Die Sanierung der Putzfassade, der Natursteine und der Austausch der Fenster. „Bei den Putzarbeiten hatten wir mit dem ungewöhnlich milden Herbstwetter Glück“, berichtet der Projektleiter. So konnten die Arbeiten zügig erledigt werden - schließlich musste das Gerüst rechtzeitig vor Beginn des Mittelalter- und Weihnachtsmarkts wieder abgebaut werden. Der neue Spezialputz im Sockelbereich ist nun salzresistent, hält die Wände trocken und schützt die Fassade in Bodennähe so vor Salz und anderen Einlagerungen.
Etwas anders gestaltet sich das Bild beim zweiten Baustein: Der historische Naturstein sollte soweit wie möglich erhalten werden. Dieser wurde daher nur bei größeren Beschädigungen ersetzt, insbesondere bei den der Witterung ausgesetzten Fensterbänken. Bei kleineren Fehlstellen wurden plattenförmige Ersatzstücke aus Naturstein verwendet - die sogenannte Vierung. Alle anderen Stellen wurden in erster Linie gereinigt, gefestigt und kleinere Fehlstellen mit Steinersatzmörtel ausgebessert. „Schließlich wollen wir beim Neuen Rathaus keine Disney-Fassade“, erklärt Jörg Kalus. „Vielmehr möchten wir die Zeichen der Zeit sichtbar machen und den Betrachterinnen und Betrachtern zeigen, wie viel Geschichte im Gebäude steckt.“
Im historischen Look präsentieren sich auch die neuen Fenster, die im gesamten Gebäude ausgetauscht wurden. Dank einer Extraanfertigung sehen die Fenster aus wie die bisherigen - und verfügen ebenfalls über die sogenannte „Wiener Sprosse“. Damit gemeint sind die hölzernen Kreuze, die alle Fenster zieren. Technisch hingegen sind sie auf dem neuesten Stand, wie Jörg Kalus berichtet: „Dank der Doppelverglasung haben wir im Winter rund 30 Prozent weniger Energieverlust, im Sommer gelangt durch die neuen Scheiben rund 30 Prozent weniger Wärme ins Gebäude.“
Außergewöhnliches Projekt
Wie sehr sich die Esslingerinnen und Esslinger mit dem Neuen Rathaus verbunden fühlen, zeigte nicht zuletzt der Tag des offenen Denkmals im Oktober. Das aufgestellte Gerüst nutzte die SGE für eine exklusive Führung entlang der Fassade mit ungewöhnlichen Einblicken in ein fast 300 Jahre altes Gemäuer - und die begrenzten Plätze waren im Handumdrehen ausgebucht.
Für Jörg Kalus nur eines der Highlights während des Sanierungsprojekts: „An einem solch historischen und zentralen Gebäude arbeitet man nicht alle Tage. Und in den vergangenen Monaten habe ich nochmal jede Menge dazugelernt, gerade was Steinmetzarbeiten an einem historischen Denkmal angeht.“ Diese Erfahrung kann der Projektleiter der SGE nun bei kommenden Aufgaben einbringen - etwa bei der anstehenden Sanierung der Fassade des Stadtmuseums im Gelben Haus, das nochmals einige hundert Jahre älter ist als das Neue Rathaus.
Büro des Oberbürgermeisters